Am 1. September 1980 ging ein langer Lauf zu Ende, der am 12. April in St. John’s auf Neufundland seinen Anfang genommen hatte. Nach 143 Tagen und 5373 gelaufenen Kilometern musste Terry Fox sein Vorhaben, Kanada von Ost nach West entlang des Trans-Canada-Highways zu durchqueren, abbrechen. Der ‘Marathon der Hoffnung’ hatte ein jähes Ende gefunden.
Am Anfang stand die Krankheit.
Terry Fox, der in der Nähe von Vancouver, an der kanadischen Westküste aufgewachsen war, und zeitlebens Sport betrieben hatte, erkrankte 1976, im Alter von 18 Jahren, an Knochenkrebs. Das diagnostizierte aggressive Knochen-Sarkom führte dazu, dass Terrys rechtes Bein über dem Knie amputiert werden musste und er seitdem auf eine Oberschenkelprothese angewiesen war. Doch ein verrückter Plan ließ ihn nicht los. Er würde sich nicht von seinem geliebten Laufsport abhalten lassen, auch nicht durch die Erkrankung. Er würde der erste Mensch sein, der mit einer Beinprothese Kanada durchquert. Eine Strecke von mehr als 7000 Kilometern.
Terrys Traum nahm mit den Jahren immer konkretere Gestalt an und tatsächlich brach der junge Mann am 12. April 1980 zu seinem ‘Marathon of Hope’ auf.
Das Ziel: die Durchquerung Kanadas von Ost nach West um dabei Geld für die Krebsforschung zu sammeln. Vor allem Kinder, die an der Krankheit litten, waren ihm ein großes Anliegen. Zunächst setzte sich Terry Fox 1 Mio. kanadische Dollar als Spendenziel, doch in weiteren Statements sprach er von 1 $ pro Einwohner. Zu Beginn der 1980er-Jahre hatte Kanada etwa 24 Millionen Einwohner.
Die Herausforderung, der sich Fox stellte: jeden Tag ein Marathonlauf!
Mehr als 42 Kilometer Tag für Tag, bei Regen und Hitze – und mit dem Handicap einer Beinprothese. Ein Versuch, das Unmögliche zu schaffen, und Hoffnung zu verbreiten für alle Menschen, die den Lebensmut verloren hatten. Terrys weißes T-Shirt trug die Aufschrift „Marathon of Hope“.
Am 12. April 1980 füllte Terry Fox auf Neufundland zwei Flaschen mit Wasser des Atlantiks. Eine als Souvenir, die zweite wollte er in Victoria, British Columbia, im Westen des Landes gelegen, dem Pazifik übergeben. Dann begann Terry Fox den Lauf seines Lebens. Begleitet von Doug Alward, einem Jugendfreund aus unbeschwerten Tagen, der mit einem Kleinbus für die notwendige Verpflegung und für ausreichende Wasserversorgung sorgte. 73 Tage lief Terry ohne längere Unterbrechung, erst in Montreal legte er einen Ruhetag ein.
Doch unter den beiden Freunden kam immer öfter Missstimmung auf, und so stieß schließlich auch Terrys jüngerer Bruder Darrell zu ihnen um die Wogen zu glätten und Doug Alward zu unterstützen. Die Spendengelder flossen zunächst nur mäßig, doch mit steigender Bekanntheit – auch das Fernsehen berichtete über Terrys ‘Marathon of Hope’ – kamen immer mehr Menschen um für den Kampf gegen den Krebs zu spenden. Allein in Toronto konnte Fox innerhalb eines einzigen Tages 100.000 Dollar sammeln.
Aber immer wieder zwangen die äußeren Umstände zu Pausen. Mehr und mehr Pressetermine wurden eingeschoben, zu denen Doug Terry im Van brachte, um ihn anschließend wieder zu genau der Stelle zurück zu fahren, an der Terry ins Auto gestiegen war.
Dazu kam die immer größer werdende Müdigkeit am Abend und der durch die Prothese chronisch wundgeriebene Oberschenkel. Vor allem aber hatte sich der heimtückische Krebs unbemerkt weiter ausgebreitet.
Als Terry am 1. September Doug bat, ihn ins Krankenhaus zu bringen, vermutete er wohl bereits, dass sein Marathon der Hoffnung genau hier, ein wenig außerhalb von Thunder Bay, am 142. Tag nach dem Start in Neufundland, zu Ende gehen würde. Metastasen waren bis in Terrys Lunge vorgedrungen, zwei Tumore in der Größe von Golfbällen hatten sich gebildet, an ein Fortsetzen des Laufes war nicht mehr zu denken.
Weihnachten 1980.
Mehr als 12 Mio. Dollar hatten Menschen aus dem ganzen Land bereits gespendet, auch große Shows im kanadischen Fernsehen, in denen unter anderem Elton John für den ‚Marathon of Hope‘ auftrat, trugen zum erstaunlichen Erfolg des Aufrufs bei. Doch soviel Geld Terry Fox durch sein Engagement für andere krebskranke Menschen bereits gesammelt hatte – er selbst besaß keinen Cent. Eine Tatsache, die ihm große Sorgen bereitete, denn schließlich war Weihnachtszeit. Und so borgte sich Terry bei seinem älteren Bruder etwas Geld, um wenigstens für seine Mutter ein Weihnachtsgeschenk kaufen zu können. Und dann lag das Geschenk für Terrys Mutter wirklich unter dem Weihnachtsbaum: ein rosafarbener Papierkorb.
Im Februar 1981 war die angestrebte Spendensumme von 24.000.000 Dollar für die Krebsforschung tatsächlich erreicht und Terry Fox erhielt einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde.
Am 28. Juni starb Terry im Kreis seiner Familie. Der Krebs hatte letztendlich doch noch den Sieg davongetragen. Alle Fahnen wurden auf Halbmast gezogen, denn Kanada hatte mit dem schmächtigen jungen Mann einen Nationalhelden verloren.
Heute erinnern Statuen und Denkmäler in mehreren kanadischen Ortschaften an Terry Fox, er ist auf Briefmarken verewigt, Straßen und Schulen sind nach dem mutigen Marathonläufer benannt, der bis zuletzt der Krankheit trotzte, an seinem großen Traum festhielt und damit zu einer Quelle der Inspiration für Generationen von Menschen wurde.
Terry Fox:
It took cancer to realize that being self-centered is not the way to live. The answer is to try and help others.
Ein kurzer, berührender Bericht zeigt Aufnahmen vom ‚Marathon of Hope‘, Interviews mit Terry, Terrys Mutter und seinem Freund Doug.
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Bildquellen:
1. Wikipedia/Jeremy Gilbert
2. Wikipedia/Hans-Peter Eckhardt
3. Wikipedia/Richard Keeling